Dieser Thread ist vielleicht ein bischen komisch. Und ich weiß auch nicht so richtig, wie ich ihn am besten formuliere.
Ich will Meinungen zur beruflichen Tätigkeit im Bereich von Innenausstattung mit Keramik haben, die mir als eine gewisse Orientierung dienen können. Das betrifft die technische und fachliche Seite; die eigene Einstellung zu solcher Arbeit; der Umgang mit und meine günstigst einzunehmende Position zu allgemeinen Problemen im Baubereich; die wirtschaftliche Seite; den Umgang mit Kunden.
Vor über 3 Jahren hat mich ein Bekannter, Isaque, der schon langjährig und ein sehr guter Fliesenleger ist, einmal samstags und sonntags zu einer kleinen Arbeit die er privat im Haus eines chinesischen Händlers gemacht hat, mitgenommen.
Mir hat diese Art von Arbeit auf Anhieb gefallen, ich habe ihm gleich dabei geholfen, und er hat mich dann auch zu weiteren Arbeiten mitgenommen, und mir diese Arbeit gut beigebracht.
Er hat oft ganze Renovierungen von Wohnungen oder Häusern, vorzugsweise gehobener Qualität, übernommen; die Arbeiten unter Bekannten aufgeteilt / unterbeauftragt; nur die Fliesenarbeiten mit einem, manchmal auch ein oder zwei weiteren Bekannten und dann auch mir, selbständig durchgeführt. Manchmal hat er auch von Baufirmen Reihenhäuser besserer Qualität übernommen, also gleiche Arbeit oft zu wiederholen, oder in einigen Fällen unselbständig für Firmen aber als Leiter der Verfliesung durchgeführt, wozu er mich allerdings nicht mitgenommen hat.
Vor knapp 2 Jahren ist er dann weggezogen. Seitdem habe ich solche Arbeit 'alleine' fortgeführt, bzw. sogleich zusammen mit einem anderen Bekannten, Ibrahima, der sie auch lernen wollte.
Gelernt habe ich weiterhin von Isaque, den ich via Internet oder Telefon laufend kontaktierte. Ibrahima macht dann zunächst einmal alles so wie ich. Wir bemühen uns, durch diese Arbeit weiter Routine zu bekommen, jedoch nichts von anderen Leuten zu lernen, weil die meisten nur Pfusch machen.
Zunächst einmal haben wir informal für Handwerker gearbeitet, alles "ehrenwerte Zunpftmitglieder". Aber: o jeh ! Ich will allerdings hier von Einzelheiten absehen; was da alles passiert ist, ist gut für einen Extra-Thread.
Nach weniger als zwei Monaten haben wir zum ersten Mal eine eigenverantwortliche Arbeit angenommen. Hier gab es verschiedene Probleme; das gelieferte Material war nicht gut (billigste Fliesen bis 7mm Toleranz, ausdrücklich verlangt das wir die benutzen, aber später Reklamation der variablen Fugen; Bad schon fertig aber Bewohner wollte dann andere Fliesen und daß wir das kostenlos wechseln); ständiges Reingerede und Anweisungen über Art und Reihenfolge des Vorgehens usw, sodaß wir die Arbeit abgebrochen und nur mit der Polizei unsere Bezahlung bekommen haben. Frustiert waren wir aber nicht denn es war uns klar daß das nicht unsere Schuld war. Die zweite Arbeit, zwei Wochen später begonnen, war ganz das Gegenteil: freundliche Leute, gutes Material, Bezahlung korrekt, und die Arbeit wurde wie wir und die Kunden meinten auch sehr gut. Auch alle anderen ca. 40 Kunden für die wir bisher selbständig arbeiteten, waren zufrieden und haben uns teils nochmal gerufen oder weiterempfohlen.
Inzwischen habe ich mit Ibrahim eine englische 1€ Ltd. registriert, und mit/für Isaque eine andere, sodaß wir und auch er größere und öffentliche Aufträge annehmen können; seit 3 Monaten erhalten wir so auch Aufträge einer größeren Baufirma.
Insgesamt sehen wir diese Arbeit sehr positiv, sogar die wenigen unangenehmen Vorfälle tragen zu unserer Erfahrung bei, die wir so vergleichsweise problemlos erhielten. Auch Isaque ist mit unseren Fortschritten zufrieden und seine Prognose für unsere bisherige und weitere Arbeit ist gut.
Trotzdem habe ich und auch Ibrahim ein Problem, wozu ich Meinungen hören möchte.
Die Art wie, und von wem, ich diese Arbeit gelernt habe, und wie ich sie zusammen mit Ibrahim ausführe sodaß auch er sie so lernt, bringt auch Probleme. Dazu gehört: kann man sich gewissenhaftes Arbeiten überhaupt leisten und wie adaptiert man das an der Realität im Bauwesen und an wirtschaftliche Aspekte ? Und wie sieht es aus mit Nischen, gut bezahlter guter Arbeit ?
Auch aus wirtschaftlichen Aspekten würde ich keine Arbeit machen, die ich nicht mag; umgekehrt Arbeit die ich mag für andere Leute nicht wenn sie unrentabel ist. Daß das im Prinzip vereinbar ist, sah ich an meinem Bekannten, der seine Arbeit mag und, selbst wenn informal, selten weniger als 5 Tsnd. Euronen im Monat verdiente. Ebenso, daß sehr gut und trotzdem schnell und wirtschaftlich arbeiten vereinbar ist.
Da ich am Anfang lange nur mit meinem Bekannten gearbeitet habe, das immer gute Arbeit war, er evtl. was danebengeratenes sofort korrigierte, er mir sagte ich soll immer gut arbeiten, total kulant zu den Kunden war, überwiegend für reiche Kunden und mit teurem Material gearbeitet hat, usw. , war das alles für mich normal und selbverständlich, ich habe nicht besonders drüber nachgedacht, und das einfach auch so gelernt wie er es macht.
Daher ein gewisser Schock, als er wegging und ich für oder mit anderen Leuten zu arbeiten anfing. Einerseits hab ich gesehen, daß ich offenbar ziemlich gut arbeite. Andererseits war ich frustiert, was für Pfusch und Pfuscher es da gibt, aber auch andere Mißbräuche wie etwa die für informale Arbeit üblichen. Das war etwas deprimierend, weil es nicht das ist, was mir an der Arbeit wie sie Isaque gemacht hat gefallen hat; so jedenfalls will ich nicht arbeiten. Andererseits wurde mir dadurch klar, daß ich von diesen Leuten nichts lernen kann sondern nur weiter von Isaque, und das ich möglichst schnell beginnen sollte selbständig zu arbeiten. Ich habe mich darüber mit Ibrahim unterhalten, und ihm gesagt, er soll sich nicht den Pfusch anderer abgucken, am besten lernen wir alles selbst mit Hilfe von Isaque via Internet. Der will auch dann Fotos von den Resultaten sehen, und korrigiert uns immer. In dieser Weise arbeiten wir auch bis jetzt.
Zwar müssen wir zum häufigen Wiederholen und Erwerb von Routine viele Arbeiten möglichst oft wiederholen. Damit machen wir auch Fortschritte, alles geht zunehmend flüssiger, ohne daß die Qualität leidet, wenngleich manchmal auch kleine Änderungen in Rückschritten resultieren (nicht in Mängeln, aber zBsp in umständlicherer / längerdauernder Arbeitsweise), aber genau diese Erfahrung müssen wir wohl durchlaufen.
Letztendlich aber wollen wir davon abkommen, hunderte von Klos in Sozialwohnungen zu bekacheln. Sondern uns auf Arbeiten mit gutem Material in etwas vornehmeren Gebäuden spezialisieren, bei denen eigene Kreativität und erstklassige Ausführung gefragt ist. Es ist das was mir persönlich gut gefällt, eine Neigung zu Gestaltung und Kunst, und was mir an der Arbeit von Isaque für Kreise wie die seiner Kunden gefallen hat. Und wofür es anscheinend auch nicht viele gute Handwerker gibt, bis heute kommen oft Kunden von oder für ihn die ihn suchen. Er hat uns zwar prinzipiell erlaubt, seine Kunden zu übernehmen, aber wir trauen uns in den meisten Fällen die Arbeit nicht zu wenn wir sie vor Ort sehen, und nehmen erstmal nur die leichtesten an.
Anscheinend ist das auch ein krisensicheres Handwerk. Das ist sehr wichtig zu sehen, zumal zZt Europa und Amerika den Berg runtergehen. Künftig werden wohl kaum noch Verfliesungen von Sozialwohnungen gebraucht, sondern Arbeiten für vornehmst ausgebaute Häuser von korrupten Leuten die für erstklassige Arbeit jeden Preis bezahlen. So hat auch Isaque in Afrika gelernt exzellent zu arbeiten, und die ganze Welt geht jetzt wohl in diese Richtung.
Zumindest momentan allerdings ist es noch auf längere Zeit so, daß man auch bis überwiegend von weniger vornehmen Routinearbeiten abhängt, und froh ist, wenn man wenigstens eine Siedlung nicht der untersten sondern der mittleren oder höheren Klasse zur Verfliessung bekommt.
Nicht immer, aber oft besteht da Kostendruck, und wenn man mal was als abhängig oder gar informal arbeitet, auch Druck schnell zu arbeiten, selbst wenn die Qualität leidet. Solche Arbeit ist für den Erwerb von Routine für schnelles aber gleichzeitig gutes Arbeiten eher hinderlich.
Manchmal frag ich mich daher, ob es nicht gut sondern eher ein Problem ist, daß ich diese Arbeit von meinem Bekannten gut gelernt habe. Vielmehr die Realität so aussieht, daß überall gepfuscht wird, und sich selbst gute Vorsätze, schon wegen Kostendruck und verlangtem schnellen Arbeiten egal wie , nicht lange halten würden, und man besser auch zu pfuschen anfängt oder diese Arbeit ganz seinläßt bzw stark selektiert.
Bei Routinearbeiten wie Sozialwohnungen hab ich mittlerweile versucht, sehr schnell und trotzdem noch einigermaßen gut zu arbeiten. Das gelang in dem Sinne auch, daß die Arbeit zwar nicht gut wie gewohnt aber trotzdem noch besser als bei den meisten anderen Leuten wurde. Ich habe mir schon überlegt, ob ich nicht beide Methoden lernen sollte, die schnelle und die gute, und je die nach Art der jeweiligen Arbeit benutze. Ich habe aber gleichzeitig Angst, daß das einreißt und ich dann immer so arbeite; das will ich nicht, sondern ich will gute Qualität für gute Arbeit behalten.
Mein Bekannter Isaque meint, es ist normal daß gute Arbeit am Anfang langsam und tls auch umständlich / ungeschickt ist, das wird dann schneller und die Handlungsvorgänge ökonomischer. Dazu wichtig ist jedoch, daß ich aus Fehlern, ungünstigem Vorgehen, oder ungeschickten Arbeitsvorgängen Konsequenzen ziehe und sie verbessere, statt sie hinzunehmen. Er sagt, er arbeitet nur deshalb gut und schnell, weil er diese Arbeit schon seit über 20 Jahren und sehr oft wiederholt gemacht hat. Außer Geschicklichkeit und Fertigkeit und Achten auf den wirtschaftlichen Aspekt, ist es entscheidend auch etwas Idealismus und Gefühl zu Gestaltung und Kunst haben, ansonsten wird man höchstens zum schnellen und schamlosen Pfuscher. Ich soll weiter gut arbeiten, mit der dazu nötigen Geschwindigkeit, die dann besser werden wird, und auch soweit wie möglich Arbeiten mit gutem Material annehmen, er sähe das ginge schon, gleichzeitig sollte ich aber Arbeiten mit schlechtem Material oder Zeitdruck meiden.
Bei Ibrahim sehe ich, daß er zwar meiner Meinung ist daß wir uns auf gutes Material spezialisieren sollten. Gleichzeitig weigert er sich aber oft, die wichtigste Arbeit zu machen, nämlich die Fliesen zu setzen, weil er Angst hat, daß das schief wird und dann Probleme mit den Kunden gibt. Daher geht es mit ihm auch nicht gut weiter mit der Fertigkeit dazu. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit Hilfsarbeiten wie Zement / Kleber mischen, säubern, Material hertragen usw. Da mach ich jetzt Druck daß er auch verlegt.
Mich würde mal interessieren, was andere zu der Absicht meinen, sich auf gutes Material und etwas bessere Wohnungen / Häuser und sorgfältiges Arbeiten spezialisieren zu wollen. Und wie man dann Angebote und Kunden normaler oder niedriger Qualität aber oft hoher Anzahl an zu verlegenden Wohnungen, behandeln soll, und wie man mit Kosten- oder gar Geschwindigkeitsdruck sowie Pfusch den man alltäglich sieht umgehen soll, einschließlich jetzt noch in der Lernphase, und ob / inwieweit man sich dazu verleiten lassen sollte. Zahlt es sich im Bauwesen aus, ordentlich arbeiten zu wollen oder sollte man dann besser auch pfuschen oder aber Aufträge mit Material geringer Qualität ablehnen ??
Auch sonstige Tipps in dem Zusammenhang nehme ich gerne zur Kenntnis.
Angebrachte Position zu Versuch guter Arbeit, Fähigkeiten erlernen, Pfusch